Eine Reise ins Burgund inklusive Baden und Jura, Teil 2
Marquis d’Angerville, Volnay
Am 8. Juni 2023 startete unsere eigentliche Tour de Bourgogne. Punkt 9.00 Uhr erreichten wir bei strahlendem Sonnenschein die erste Etappe: Die Domaine Marquis d’Angerville in Volnay. Freudiges Wiedersehen mit Francois Duvivier, der uns am Tag zuvor noch mit den Fassproben von Domaine du Pélican im Jura beglückt hatte. Der farbenfrohe große Garten mit alten Obstbäumen, Lavendel, Rosensträuchern und blühendem Mohn hat ein besonderes Juwel: Direkt ans Hauptgebäude angrenzend liegt die wahrscheinlich beste Premier Cru Lage Volnays: Clos des Ducs. Im Alleinbesitz (Monopol) der Familie d’Angerville seit 1906. Von den eigentlich klassifizierten 2,41 ha sind nur 2,15 ha bepflanzt, der unterste Teil bereichert den Garten. Diesen Luxus muss man sich erst einmal leisten können, werden manche einwenden. Wahr ist aber vielmehr, dass ausschließlich so die allerbesten Zeilen der Spitzenlage Clos des Ducs genutzt werden und die Ausnahmestellung des Clos des Ducs unterstreichen. Zwischen 2005 und 2009 wurden unter Francois Duviviers versierter Leitung die gesamten 12,64 ha Weinberge auf biodynamischen Anbau umgestellt.
Wir sind seit mehr als drei Jahrzehnten zu Gast auf der Domaine und haben wohl jeden Jahrgang in dieser Zeit vom Fass probieren können. Als Monsieur Duvivier heuer die 2022er präsentierte, bekamen wir, sobald der erste Schluck den Gaumen kitzelte, leuchtende Augen. Einen so zugänglichen Jahrgang haben wir wahrscheinlich seit dem 1999er nicht mehr im Glas gehabt. Pure Verführung, die perfekte Mischung aus idealer Traubenreife, satter Frucht, feinster Säure und sanften Tanninen. Der einzige Wein, der sich noch verschlossen gab, war wie gewohnt der Volnay Clos des Ducs. Alle anderen strahlten um die Wette. Da kommt mit 2022 ohne jede Diskussion ein denkwürdiger Marquis d‘Angerville Jahrgang auf uns zu. Fast passend flog der Zeppelin eines bekannten amerikanischen Reifenherstellers über die Domaine. Kleiner Makel: Er war nicht zu 100% korrekt beschriftet. Es hätte heißen müssen „GREATYEAR“…
Domaine Matrot, Meursault
Weiter ging es nach Meursault, einem der bekanntesten Orte der Côte de Beaune. Im Gegensatz zu den ebenso hochangesehen Gemeinden Puligny-Montrachet und Chassagne-Montrachet verfügt Meursault über keine Grand Cru Lagen. Dafür aber beheimatet Meursault Kultwinzer wie Coche-Dury, Domaines des Comtes Lafon und Domaine Roulot, die Grand Cru hin oder her, legendäre Chardonnay-Weine produzieren. Unser Ziel: Domaine Matrot, traditionsreich, dem Boden verhaftet und qualitativ längst in der Spitze Meursaults etabliert. Gründer Joseph Matrot fing bereits kurz nach dem ersten Weltkrieg mit dem Flaschenweinverkauf ex Domaine an, zu einer Zeit, als mächtige Handelshäuser den Markt noch über Fassweinhandel beherrschten. Seit 2016 sind die beiden Schwestern Adèle und Elsa Matrot für die Weine verantwortlich. Biologisch seit 2000, allerdings ohne Zertifizierung stehen die Matrot-Weine für schnörkellose Ausnahmequalität: Exzellent haltbare, charaktervolle Chardonnay und Pinot Noir-Weine, die sich im Glas selbsterklärend zeigen und keine Frage offenlassen. Ganz wie Adèle und Elsa, Winzerinnen, die eng mit ihren Reben und Weinen zusammenleben und jederzeit Klartext reden. So erfuhren wir von Adèle über die Schwierigkeiten, während der Weinlese überhaupt qualifiziertes Personal zu finden. Meursault ist zu weit weg von der Weinbauschule in Dijon, um von dort Studierende anzulocken und Domaine Matrot nicht berühmt genug, dass sich Weinbegeisterte aus aller Welt darum reißen, hier im Herbst arbeiten zu dürfen. Stattdessen flattern unseriöse Angebote von Menschenhändlern herein, die zwei Drittel des Preises für einen Erntehelfer/eine Erntehelferin als Provision kassieren wollen. Wir hörten zudem von großen Konzernen, die jeden noch so horrenden Preis pro Hektar Weinberg bezahlen und es so Familienbetrieben wie Matrot immer schwerer machen, selbst Parzellen zu kaufen. Zudem richtet sich die Erbschaftssteuer stets nach dem zuletzt verwirklichten Kaufpreis einer Lage. Doppelter Schaden also. Trotzdem klagen die Matrots nicht, denn ihre Weine sind weiterhin sehr gefragt. Wir konnten eine Anzahl weißer und roter 2021er Weine verkosten. Die Chardonnays kühl, präzise und mineralisch, wunderbar gelungen. Die Pinot Noirs wie der großartige Volnay Santenots benötigen mehr Zeit in der Flasche, hier muss sich die Säure noch integrieren, aber die Frucht darunter ist geschliffen und fein.
Restaurant Le Soufflot, Meursault
Ich wünschte, es gäbe mitten in Deutschlands Weinregionen ebenfalls Restaurants, in denen man mittags eine übersichtliche Auswahl an nicht zu schweren Gerichten mit einer Fülle fantastischer Weine zu fairen Preisen kombinieren kann. Mehr möchte ich an dieser Stelle nicht dazu sagen, außer…das war einfach köstlich.
Domaine Etienne Sauzet, Puligny-Montrachet
Geht es um die elegantesten, feinsten Chardonnays der Welt, dann fällt unweigerlich auch der Name Etienne Sauzet. Auch hier erfüllt es uns mit Stolz, dass wir seit über dreißig Jahren an dieser Erfolgsgeschichte teilhaben. War es früher Gérard Boudot, der mit seiner bescheidenen, unaufgeregten Art einfach die Weine sprechen ließ, so sind wir jetzt in besten Händen bei seinem Schwiegersohn Benoît Riffault. Sichtlich wohlgelaunt und entspannt präsentierte uns Benoît am Donnerstagnachmittag seine 2022er Kollektion. Bereits der Bourgogne Hautes-Côtes de Beaune Jardin du Calvaire zeigte, wohin die Reise geht. Deutlich in Richtung Spitzenjahrgang. Die Aromen verführerisch, die Frucht strahlend klar und bei keinem der Weine das Eichenholz offensichtlich. Einzigartige, in höchstem Maße elegante weiße Burgunder, die einerseits früh zugänglich sein werden, aber mit Sicherheit auch lange reifen. Bravo! Ein weiterer Höhepunkt unserer Tour. Interessant auch, dass bei Sauzet jetzt auch mehr als nur ein Versuch mit eierförmigen Tonbehältern läuft. Auf den darin befindlichen Bourgogne Aligoté sind wir sehr gespannt.
Philippe Pinto & Louis Mathieu, Chagny
Möglicherweise haben Sie von diesem Weingut bisher noch nie zuvor gehört. Weingut ist auch übertrieben, nennen wir es eine Garage mit einigen wenigen Fässern. Also Garagen-Weine, so wie früher Château Valandraud in Bordeaux? Weit gefehlt, zumindest preislich. Louis Mathieu ist ein sehr junger, talentierter Hobby-Winzer, der eigentlich nur den Hauswein für sein auf dem Gelände seines Onkels Philippe Pinto geplantes Weingut machen wollte. Das Restaurant gibt es nicht, aber Louis vinifiziert aus „namenlosen“ Randlagen des Burgunds seit 2015 einen Pinot Noir, der es in sich hat. Seitdem unser Freund Klaus-Peter Keller seinen damaligen Praktikanten Louis promotet hat, reißen sich die Pinot Noir Aficionados um jede Flasche seiner minimalen Ernte. Wir sind in der glücklichen Lage, eine kleine Zuteilung zu bekommen. Und an jenem Donnerstag-Vorabend waren seine noch im Fass liegenden Jahrgänge 2021 und 2022 unser erster Aperitif vor einem großen Gourmet-Diner im Restaurant Lameloise, welches sich ganz zufällig auch in Chagny befindet. Zusammen mit Louis hatten wir einen denkwürdigen Weinabend auf Drei-Sterne-Niveau, von dem wir allerdings nur die Bilder sprechen lassen.