Egal, ob Sie nur ab und zu ein Gläschen guten Wein trinken oder aber ein erfahrener Weinprofi sind: Der Name Romanée-Conti löst fast immer eine Reaktion aus. Und dass, obwohl ihn nur die allerwenigsten jemals probiert haben. Lesen Sie hier, wie ein Wein dieser berühmtesten aller Burgunder-Domänen schmeckt.
Vom Weintraum zum Traumwein
Die Domaine de la Romanée-Conti ist für das Burgund, was Château Pétrus für Bordeaux und Château d’Yquem für die Süßweine des Sauternes sind. Weinlegenden, die in aller Munde sind, doch lediglich bei einigen wenigen tatsächlich dort ankommen. Selbst für uns als Weinhändler mit jahrzehntelanger Erfahrung im Umgang mit kostbarsten Weinen, ist das Öffnen eines Burgunders der Domaine de la Romanée-Conti denkwürdig wie ein Traum, der sich auf wundersame Weise erfüllt. Sehr häufig werden wir gefragt, wie denn so ein Romanée-Conti Wein schmeckt. Heute lüften wir das Geheimnis und lassen Sie teilhaben.
Hilfreiche Fakten zu DRC
Die Domaine de la Romanée-Conti, die wir fortfolgend aus Platzgründen wie im Wein-Fachjargon üblich als „DRC“ abkürzen, produziert acht Rotweine und drei Weißweine, von denen der Vosne-Romanée Les Petits Monts vorerst nur in der französischen Gastronomie verkauft und der Bâtard-Montrachet nur hohen Gästen des Weinguts serviert wird. Die DRC-Flaschen, die in den Markt gelangen, werden ausgesuchten Importeuren in den jeweiligen Ländern zugeteilt. Die Nachfrage nach diesen herausragenden Gewächsen übersteigt das Angebot um ein Vielfaches und so wechselt längst keine Flasche mehr unter einem vier- beim Flaggschiff Romanée-Conti sogar eher fünfstelligen Betrag den Besitzer.
Annäherung an eine Weinlegende
Ich hatte am Osterwochenende 2023 die Ehre, mich mit einer Flasche 2014er Richebourg von DRC vertraut zu machen. Bevor man tatsächlich den Korkenzieher ansetzt, ist es meines Erachtens essentiell, detaillierte Recherchen über einen so edlen, kostbaren Rotwein zu betreiben.
Biodynamik und Ganztraubengärung
Konkret: Als Burgund Spezialisten wissen wir ungefähr, wie die Spitzenweingüter in den Weinbergen und im Keller arbeiten. DRC wirtschaftet beispielsweise konsequent nach biodynamischen Prinzipien. Im Gegensatz zu anderen Domänen betrachtet DRC die Rappen der Weintrauben als Bestandteil der Frucht und der Anteil an „Ganztrauben“ liegt bei der Gärung sehr hoch. Im Jahrgang 2014 zwischen 60 und 70%, bei aktuellen Jahrgängen oft bei 100%. Das führt zu einem signifikant anderem Geschmack im fertigen Wein als ihn Weine besitzen, die aus komplett entrappten Trauben gemacht wurden. Die Einflussnahme während der Weinbereitung wird so gering wie möglich gehalten, ebenso wie der Gehalt an Schwefel im Wein.
DRC will dekantiert werden
Ohne noch mehr in technische Details zu gehen, sollten Sie sich einfach merken, dass man DRC-Weine je nach Wein und Jahrgang unbedingt dekantieren sollte, damit sich die filigranen Aromen entfalten können. Die meisten Pinot Noir Weine im Alter von bis zu 15 Jahren dekantiere ich überhaupt nicht, aber DRC ist grundlegend anders zu behandeln. Der 2014er Richebourg durfte zwei Stunden in einer großen Karaffe bei ca. 16°C auf seinen Auftritt warten.
Richebourg – ein kraft- und charaktervoller Grand Cru
Die Grand Cru-Lage Richebourg gehört zum Ort Vosne-Romanée. Von den insgesamt 8,03 ha gehören DRC stolze 3,51 ha. Richebourg grenzt südlich durch eine Mauer und einen schmalen Weg getrennt an die DRC namensgebende Legende Romanée-Conti an. Pauschalisierungen funktionieren für die Lage Richebourg nicht, oft aber wirken die Exemplare von DRC tiefgründiger, kraftvoller, kerniger und insgesamt etwas weniger fruchtbetont als beispielsweise der hauseigene nordöstlich angrenzende Grand Cru Romanée Saint-Vivant. Fakt ist, dass Richebourg sehr langlebig ist und oft auch um Jahre länger als andere Crus benötigt, um sich zu öffnen.
Der Jahrgang 2014 an der Côte de Nuits
Auf einen feuchten und recht milden Winter folgten im Frühjahr trockene, sehr gute Bedingungen, die früher als gewöhnlich dafür sorgten, dass sich Knospen an den Reben zeigten. Auch die Blüte verlief gleichmäßig. Am 28. Juni jedoch sorgte ein Hagelsturm für beträchtliche Schäden. Er wütete allerdings gravierender an der der Côte de Beaune. In Vosne-Romanée gab es geringere Ernteeinbußen. Juli und August 2014 wurden beherrscht von zu viel Regen und durchgängig bewölktem Himmel. Es bestand die Gefahr, dass sich durch die hohe Feuchtigkeit der Botrytis-Pilz in den Pinot Noir Reben ausbreiten könnte. Durch die biodynamische Bewirtschaftung der Weinberge haben die DRC-Trauben jedoch dickere Schalen gebildet, so dass Botrytis 2014 keine Chance hatte, den Ertrag weiter zu verringern. Der September rettete mit idealen Bedingungen den Jahrgang. Am 20. Und 21. September 2014 wurden die Trauben im Richebourg gelesen, der Ertrag lag bei niedrigen knapp unter 30 hl pro Hektar.
2014 Richebourg, Domaine de la Romanée-Conti Verkostung Ostern 2023
Nachdem ich mich so genau wie möglich in der Fachliteratur informiert hatte und auch Trinkerlebnisse anderer Weinprofis ins Kalkül zog, ging ich folgendermaßen vor: Ich dekantierte den 2014er Richebourg zwei Stunden vor dem Hauptgang in eine Karaffe mit großer Oberfläche, damit der Wein von möglichst viel Sauerstoff profitieren konnte. Während des Dekantier Vorgangs entströmte der Karaffe ein verführerischer Duft von warmen Himbeeren, roten Kirschen und einem Hauch Pfeffer. Erstaunlicherweise waren die Fruchtaromen später, als ich den Wein servierte, nahezu komplett verschwunden. Der Richebourg duftete wesentlich verhaltener als vermutet, fast als hätte er sich zurückgezogen. Das Bouquet wirkte vornehm kühl, neben einer zarten Trüffelnote und Noten, die mich an einen vor langer Zeit erkalteten Kamin erinnerten, zeigte sich als Frucht allenfalls rote Johannisbeere. Ergänzend und bezaubernd die unverwechselbare DRC-Nase, die durch gekonnten Einsatz edelster Eichenholzfässer und hohem Anteil von Ganztrauben hervorgerufen wird. Im Geschmack zeigte sich die im Duft noch verborgene Größe dieses Weins: Zugleich robust, kraftvoll, fest, fast sehnig-karg und dennoch vielschichtig mit präziser, feiner Frucht und präsenter Säure. Eine gewisse Erdigkeit und Strenge blieb bis zum letzten Tropfen. Ein fordernder, facettenreich-intensiver Pinot Noir mit Rückgrat, dessen Vorzüge man sich durch konzentriertes Probieren erarbeiten muss. Gewiss kein Charmeur, eher ein bewundernswerter Grandseigneur, der stets etwas Distanz wahrte.
Trinkfenster und Speisenempfehlung
Offen gestanden hätte ich den 2014er Richebourg noch zwei, drei Jahre länger reifen lassen sollen. Sein Potential ist gewaltig, es besteht keinerlei Risiko, dass dieser Grand Cru innerhalb der nächsten zehn bis zwanzig Jahre an Ausdrucksstärke verliert. Ganz im Gegenteil. In einigen Jahren wird er in voller Blüte stehen und auch mit würziger Eleganz aufwarten. Ideale Speisenbegleiter sind beispielsweise kräftige Geflügel und Wildgeflügelgerichte. Wir probierten ihn Ostern 2023 zu Maispoularde in Morchel-Safran-Sauce. Gerade zu den Morcheln war der Richebourg ein Hochgenuss. Sollten Sie in der glücklichen Lage sein, von DRC 2014er Echezeaux, Grands Echezeaux oder Romanée-Saint-Vivant zu besitzen, so können Sie diese bereits jetzt öffnen, denn sie befinden sich in Balance auf höchstem Niveau.
Hans-Jürgen Teßnow, April 2023