Auf den ersten Blick mag es etwas unfair erscheinen, Ortsweine und Grosse Gewächse direkt gegeneinander antreten zu lassen. Aber fighten hier tatsächlich Leicht- gegen Schwergewichte? Mitnichten! Schließlich wird auch in der Basis der VDP-Weingüter Qualität ganz groß geschrieben. Und dass genau diese Basis durchaus mit der Wein-Spitze mithalten kann, hat unlängst unsere WeinArt-Verkostung bewiesen. Entdecken Sie jetzt die Highlights dieses spannenden Battles!
Fight-Flight 1: Maximin Grünhaus
2020 Riesling Q.b.A. trocken
Was für ein gelungener Einstieg in die VDP-Ortswein-Welt! Die Nase präsentiert sich hier erdig, rauchig, viel Limette. Am Gaumen leicht speckig, mit einer feinen und pickenden Säure. Ein Wein, der eine enorme Leichtigkeit und Gelassenheit ausstrahlt. Terrassenwein auf hohem Niveau.
2020 Abtsberg Riesling Grosses Gewächs Q.b.A. trocken
Noch deutlich verschlossen, zeigt sich das 2020er Abtsberg GG von Grünhaus mit einer kräutrigen Nase, Fenchelsamen und einem dichten Körper mit straffer Säure. Ein paar Tage später nachprobiert, findet man sehr feines und kühles Birnenfruchtfleisch mit etwas Orangenzeste. Äußerst elegant.
Fight-Flight 2: Kühling-Gillot
2017 Nierstein Riesling Q.b.A. trocken
Was für eine Nase! Helle Aprikose vereint sich hier mit getrockneter Mango. Am Gaumen hefig, sehr zitrisch und klar, trotzdem ein feiner Schmelz. Schöner Essensbegleiter zu gegrilltem Fisch – und ein sehr guter Beweis dafür, dass VDP-Ortsweine ganz hervorragend reifen können.
2017 Nierstein Hipping Riesling Grosses Gewächs Q.b.A. trocken
Jetzt wird es vielschichtig und opulent! Oregano, Schmalz, etwas süße Sojasauce und reifer Pfirsich dominieren die Nase. Am Gaumen etwas phenolisch und sehr druckvoll. Ein sehr gelungenes Beispiel dafür, dass ein Grosses Gewächs konsequent von seiner Herkunft erzählt. Hipping-Terroir in Höchstform!
Fight-Flight 3: Franz Keller
2020 Oberrotweiler Spätburgunder Q.b.A. trocken
Sehr feine duftige Pinot-Nase mit viel Kirsche, Erdbeere. Etwas leicht Erdiges, getrocknete Kräuter. Am Gaumen fleischig, kernig mit präsenter Säure. Schon jetzt relativ zugänglich, wobei er von ein paar Jahren Flaschenreife deutlich profitieren wird. Toller Ausdruck des Terroirs, der problemlos mit den Grossen Gewächsen mithalten kann.
2020 Oberrotweil Kirchberg Spätburgunder Grosses Gewächs Q.b.A. trocken
Hier ist die Frucht nochmal verschlossener, kompakter. Hagebutte und Heidelbeere prägen die Nase. Sehr rauchig, viel getrocknete Rosenblüten. Am Gaumen kommt der vulkanische Boden beeindruckend zur Geltung. Erdig, druckvoll, sehr lang. Feines Tannin. Dieses Grosse Gewächs hat noch eine lange Zukunft vor sich!
VDP – Herkunft ist alles
Keine anderen drei Buchstaben stehen in Deutschland derart für Weinqualität wie VDP. Verband Deutscher Prädikatsweingüter. Sieht man den inzwischen legendär gewordenen Traubenadler auf der Kapsel einer Weinflasche, weiß man als Weinliebhaber, dass man hier bedenkenlos zugreifen kann. Und schon längst haben wir uns an die vierstufige VDP-Qualitätspyramide gewöhnt. Mit Guts- und Ortsweinen an der Basis, Erste Lagen in der Mitte und eben den langlebigen Grossen Gewächsen an der Spitze. Wobei sich nicht nur die Qualität von Stufe zu Stufe steigert. Denn auch die Herkunft wird immer deutlicher und deutlicher. Terroir matters! Eine der großen VDP-Devisen.
Seit Jahren ist die Vorprämiere der Grossen Gewächse in Wiesbaden ein mediales Ereignis für die Weinbranche. Das lässt schnell vergessen, dass es die Lagenklassifikation noch gar nicht so lange gibt. Erst 2002 wurde sie ins Leben gerufen – und zehn Jahre später direkt noch einmal reformiert. Wobei sich die VDP-Mitglieder bereits 1995 dazu verpflichtet haben, herkunftsbezogene Weine zu bereiten. So verzichten seitdem zum Beispiel alle VDP-Weingüter auf die Verwendung von Großlagen-Namen.
Qualität über die Herkunft und nicht über den Restzuckergehalt zu definieren, war aber schon immer das VDP-Kernziel. Auch bereits 1910, als der Verband gegründet wurde. Damals freilich noch unter dem Kürzel VDNV - Verband Deutscher Naturweinversteigerer. Die Umbenennung erfolgte erst im Jahr 1971. Also genau in dem Jahr, als auch die Novelle des deutschen Weingesetzes herauskam.
Doch egal, unter welchem Namen: Die gut 200 VDP-Weingüter stehen seit jeher für Qualität im deutschen Weinbau. Sie sind die Speerspitze, wenn es um Weine geht, die von ihrer Herkunft erzählen. Und zwar in allen Qualitätsstufen, wie unsere WeinArt-Verkostung jetzt wieder eindrücklich bewiesen hat.