„Ich trinke keinen Beaujolais, nur Burgunder!“ So manche Weinfreundin, so mancher Weinfreund hat diesen Satz schon leichtsinnig ausgesprochen. Er enthält einen Fehler, ein Stückchen Wahrheit und ein Imageproblem zugleich. Zunächst einmal ist ganz sachlich festzuhalten: Weinrechtlich gehört die Region Beaujolais zum Burgund. Sie ist jedoch der äußerst südliche Teil und das Zentrum Villefranche-sur-Saône ist ca. 140 km von der weltweit geschätzten Burgund-Prominenz wie Vosne-Romanée oder Nuits-Saint-Georges entfernt.
Die rote Leitsorte heißt Gamay
Zweitens können Weinrecht und Wirklichkeit sehr voneinander abweichen und das ist hier mehrfach der Fall: Der größte Teil der Region wird nämlich vom Département Rhône administriert und kann auf eine sehr alte Weinbautradition zurückschauen. Am Mont Brouilly (eine Cru-Gemeinde) wurden Spuren des römischen Weinbaus entdeckt und ab dem 7. Jahrhundert begannen die Benediktiner-Mönche, die Kultivierung von Trauben auf die Spitze zu treiben. Des Weiteren regiert im Beaujolais die rote Rebsorte Gamay – im Gegensatz zur roten Leitrebe Pinot Noir an der Côte d’Or im Norden. Deutliche 99% der Rebfläche sind mit Gamay bestockt. Vielleicht war es also ein Glücksfall, dass Philipp der Kühne (1342-1404), seines Zeichens Herzog von Burgund, den Anbau der Gamay-Rebe im nördlichen Burgund untersagt hat – so konnten die Einwohner des Beaujolais über Jahrhunderte eine einzigartige Expertise aufbauen.
Frucht, Frische und Säure passen hervorragend zur deftigen Küche
Was Burgunder und Beaujolais trennt – und insofern liegt im obigen ersten Satz dieses Körnchen Wahrheit – ist die Tatsache, dass wir es mit einem völlig anderen Geschmacksbild zu tun haben: Ein Beaujolais ist sehr fruchtbetont und tanninarm, aber nicht zurückhaltend in der Säure. Und wer einmal Lyon und Umgebung ein Restaurant besucht hat, der weiß sehr genau: Die neue leichte Cousine oder vegetarische Einflüsse stehen hier – vorsichtig ausgedrückt – nicht an erster Stelle. Deftigkeit und kraftvolle Aromen dominieren und finden in einem guten Beaujolais stets einen Partner auf Augenhöhe.
Ein Imageproblem namens Primeur
Was die Kenntnis und die Beliebtheit des Beaujolais jedoch schmälert, ist ein alljährlich ab dem dritten Donnerstag im November wiederkehrendes Phänomen namens Beaujolais Nouveau oder Primeur. Nach der Ernte werden die ganzen Trauben mittels der Methode ‚Macération carbonique‘ weiterverarbeitet. Dabei erfolgt die Gärung in einem geschlossenen Behälter unter Zuführung von Kohlendioxid. Das ist nicht prinzipiell verwerflich, aber leider befinden sich viele Produkte, die in Supermärkten als erste ihres Jahrgangs stehen, geschmacklich viel näher am Traubensaft als am Wein.
Phantastische Granit-Lagen prägen den Beaujolais Cru
Und sie führen zu besagtem Imageproblem, was bedauerlich ist, weil das Beaujolais jenseits Primeur-Welt über geradezu exzellente Weine verfügt. Insbesondere die Beaujolais Cru im Norden der Appellation stechen hervor. Fleurie, Chiroubles, Brouilly und Moulin-á-Vent sind hier zuerst zu nennen: Weine, die auf steilen Granithängen wachsen und daher häufig eine graphitartige Note aufsammeln. Diese mineralische Note unterfüttert eine prachtvolle Frucht und Frische, der man sich kaum entziehen kann. Unser Leib-und-Magen-Weingut heißt Lafarge Vial, beheimatet in Fleurie. Und sollte Ihnen der Name Lafarge irgendwie vertraut erscheinen, liegen Sie vollkommen richtig. Denn hinter diesem Weingut stecken Frédéric und Chantal Lafarge, die mit der Domaine Michel Lafarge in Volnay zu den absoluten Kultwinzern an der Côte de Beaune zählen. Mithin findet hier eine Versöhnung der unterschiedlichen Welten statt. Denn gute Winzer respektieren Tradition und Terroir, wo immer sie wirken.