Wahrscheinlich haben Sie nie zuvor von dieser Rebsorte gehört: Savagnin. Wir finden, dass es an der Zeit ist, Ihnen eine der geheimnisvollsten und ureigensten europäischen Rebsorten vorzustellen und sie Ihnen so nah ans Herz (und später in den Warenkorb…) zu legen, wie sie es verdient hat.
Im Mittelalter füllten im Nordosten von Frankreich und im Südwesten unseres Landes hauptsächlich drei Rebsorten die Weinkrüge: Pinot, Gouais und Savagnin. Ampelographen, so nennt man Forscher, die sich mit der Bestimmung, Genetik und Klassifizierung von Rebsorten beschäftigen, vermuten, dass Savagnin mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einer wilden Rebe aus dem Jura abstammt. Gewissheit herrscht inzwischen, dass aus Savagnin durch natürliche Kreuzungen zahlreiche heute sehr bekannte Rebsorten entstanden sind. Zu ihren erfolgreichsten Abkömmlingen zählen Sauvignon Blanc, Silvaner und Chenin Blanc. Selbst mit Pinot ist sie verwandt und auch Gewürztraminer ist eine aromatische Variante.
Savagnin hat im Jura als eigenständige Traubensorte überlebt. Weder die Reblaus, die ab 1866 dort mehr als 62% der Weinberge vernichtete, noch zwei Weltkriege konnten Savagnin etwas anhaben. Heute ist sie eine der fünf zugelassenen Hauptrebsorten des Jura und die Einzige, die für den wohl bekanntesten Wein des Juras, Vin Jaune, verwendet werden darf. Das verdankt Savagnin ihren besonderen Eigenschaften: Hohe Säure, höheres Alkoholpotenzial, hohe Anfälligkeit zur Herstellung von Vin Jaune essenziellen Oxidation. Durch dicke Traubenschalen besitzt Savagnin eine sehr hohe Resistenz gegen Pilzbefall und Fäulnis. Das ist ein wertvoller Vorteil, denn nur kerngesunde Trauben können für einen Vin Jaune verwendet werden.
Im Jura fühlt sich die Rebsorte richtig wohl, bevorzugt auf Böden mit blauem und grauem Mergel. Dieses Sedimentgestein findet sich in vielen Jura-Weinlagen, berühmt ist beispielsweise die markante Felsformation, auf dem Château Chalon thront und eine eigene kontrollierte Herkunftsbezeichnung (AOC) für Vin Jaune erhalten hat.
Die Mehrzahl der Savagnin-Weine wird traditionell oxidativ ausgebaut. Das bedeutet, dass die Weine während ihrer Reife in den Fässern bewusst Kontakt mit Sauerstoff bekommen. Im Verlauf der Fasslagerung verdunstet ein Teil des Weins und wird nicht wieder aufgefüllt. Somit ist mehr Sauerstoff im Fass und auf dem Wein bildet sich im Laufe der Zeit eine Schicht aus Florhefe. Im Jura nennt man diese Art der Reifung „SOUS VOILE“, übersetzt „unterm Schleier“. Die Florhefeschicht ist teildurchlässig und im Kontakt mit dem Wein entstehen die für oxidative Weine typischen Aromen von Walnuss, Haselnuss und Gewürzen. Sie kennen diesen Duft sicher vom Fino-Sherry aus Spanien.
Für unseren Gaumen wesentlich verständlicher, und heute eine Erfolgsgeschichte sondergleichen, sind Savagnin-Weine, die reduktiv ausgebaut werden. Reduktiv bedeutet, dass die Fässer während der Reife stets aufgefüllt werden, so dass möglichst wenig Sauerstoff mit dem Wein in Berührung kommt und sich deshalb keine Florhefeschicht bildet. Im Jura nennt sich diese Art der Weinbereitung „OUILLÉ“ (aufgefüllt). Sie finden den Begriff OUILLÉ stets auf dem Etikett, wenn der Wein unter minimalem Sauerstoffkontakt gereift ist. Wer immer heutzutage auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Wein jenseits vom Mainstream ist, stößt eines Tages unweigerlich auf Savagnin Ouillé. Das ausdrucksstarke Bouquet, in dem sich häufig ein Hauch von Rosenblüten (Gewürztraminer lässt grüßen) findet, und die enorm vielschichtige, dichte Frucht inklusive einer ordentlichen Dosis Salzigkeit sind faszinierend.
Sorgfältig bereitete Savagnin-Weine, wie die von unserem Direktimport-Weingut Domaine du Pélican, können über Jahrzehnte reifen. Wir laden Sie ein, diese Schätze für sich zu entdecken. Probieren Sie zum Einstieg einen Savagnin Ouillé mit einem länger gereiftem Stück Comté Käse. Comté kommt ebenfalls aus dem Jura und hier erweist sich, dass lokaler Wein im Zusammenspiel mit lokalen Speisen eine unschlagbare Kombination ist.