Bei dieser Montagsprobe im allerkleinsten Kreis haben wir uns mit Riesling Ortweinen der Jahrgänge 2019 und 2017 beschäftigt. Der Schwerpunkt lag auf Rheinhessen, ergänzt durch einen Pfälzer (Dr. Bürklin Wolf), einen Saarwein (Peter Lauer) und einen Rheingauer von Eva Fricke.
In drei Flights wurden 13 Weine blind verkostet. Unsere Herausforderungen waren zahlreich: Erkennen wir, von welchem Winzer wir gerade etwas im Glas haben? Welcher Wein ist von 2017 bzw. 2019? Lassen sich die drei Weine aus den Regionen Pfalz, Saar und Rheingau zwischen den zehn verschiedenen Rheinhessen Rieslingen entdecken?
Wir haben unsere Sache recht gut gemacht und erlebten eine der spannendsten und qualitativ besten Vergleichsproben seit langer Zeit.
Hier sind meine höchst subjektiven Verkostungsnotizen, die Ihnen bei der Auswahl Ihrer Favoriten aus unserem Sortiment hoffentlich hilfreich sind.
2017 Gundersheimer Riesling QbA trocken, Wittmann, Rheinhessen
Im Bouquet anfangs noch eine leichte Reduktion, wie ein Hauch Schwefel, dann gleich Pfirsich und Birne, die später zugunsten von floralen Noten in den Hintergrund traten. Deutlich als reiferer Wein erkennbar, in der Farbe etwas dunkler, aber vor allem in der Aromatik bereits gut entwickelt. Viel Körper, die 13% Vol. kommen durch und lassen den Wein massiver, weicher erscheinen. Die Säure spielt nur eine untergeordnete Rolle. Zarte Süße und Saft. Nicht länger warten, sondern jetzt und im Laufe der nächsten drei Jahre zu kräftigen Fischgerichten, Pasta mit Pilzen oder würziger Sauce genießen.
2017 Ruppertsberger Riesling QbA trocken, Dr. Bürklin-Wolf, Pfalz
Die terroirgeprägte Spannung, die Bürklin-Wolf anstrebt, kommt sofort durch, der Stil des Hauses ist umgehend erkennbar. Kühle, kalkige, karge und am unteren Ende von „trocken“ anzusiedelnde Aromatik. Verführerische, pikant-kalkige Aromen im Bouquet, am Gaumen kommt eine kräuterwürzige Präzision zum Ausdruck, fast schon etwas salzig. Frische, Intensität, Biss. Ein rundherum hervorragender Ortswein, der einen guten Ausblick auf die großen Lagenweinen des Hauses vermittelt. Überzeugendes Beispiel für die positiven Auswirkungen der Biodynamik im Weinbau.
2017 Ayler Riesling Faß 1 Riesling QbA, Peter Lauer, Saar
Ein für Florian Lauers Verhältnisse ungewöhnlich fruchtbetonter Riesling. Im Bouquet zeigen sich deutliche Noten von reifem Pfirsich und Honig, die auf die Mitverarbeitung edelfauler Trauben (Botrytis) hindeuten. Ein saftiger, fülliger Riesling, der auch geschmacklich feinherb auftritt. Wer unbeschwert einfach ein Maul voll gutem Riesling schlürfen möchte, ist hier genau richtig.
2017 Siefersheimer „Porphyr“ Riesling QbA trocken, Wagner-Stempel, Rheinhessen
Wäre dieser Wein ein guter Stürmer, würde man sagen, er habe den direkten Zug zum Tor. Glasklares Bouquet mit einer Mischung aus Zitrusfrüchten, nassen Steinen, trockenen Kräutern und Blütennoten. Der Porphyr fordert den Ball, Entschuldigung, er fordert ohne Umschweife auf, ihn zu verkosten. Geradlinig, präzise, pikante Frucht, bodenständig, ohne Schnörkel. Kurze Drehung im Glas, er zielt auf unsere Geschmacksnerven und trifft ins Schwarze. Ohne weitere Umschweife: Einer der Top-Weine der Probe.
2019 Mölsheim Riesling QbA trocken, Battenfeld-Spanier, Rheinhessen
Die Handschrift von H.O. Spanier wird von Jahr zu Jahr klarer erkennbar. Was er aus den Böden von Mölsheim und Hohen-Sülzen auf die Flasche bringt, ist pure Mineralität. Momentan ist der 2019er Mölsheim noch in einer Fruchtphase, zeigt Birne, dezent grüne Apfelaromen, wirkt sogar leicht parfümiert. Das täuscht aber, denn darunter lauert kalkige Intensität, die momentan noch verdeckt ist. Wohin die Reise gehen wird zeigt der direkt danach servierte großartige 2017er.
2017 Mölsheim Riesling QbA trocken, Battenfeld-Spanier, Rheinhessen
Feine Kräuter- und Blütennoten bestimmen das Bouquet, reintönig und verlockend. Im Geschmack weißer Pfeffer, straffe, kreide-kalkige Frucht, sofern man das Frucht nennen kann. Mineralität trifft es genauer. Karg, knochentrocken, animierende Frische und feinste Säure. Strahlend und intensiv. Kategorie persönlicher Lieblingswein, auch wenn er dank seiner schlanken Kühle erst in den wärmeren Monaten wieder zur Höchstform auflaufen wird. Die Meeresfrüchte können es kaum erwarten…
2019 Westhofener Riesling QbA trocken, Wittmann, Rheinhessen
Ein brillanter Ortswein, wahrscheinlich der insgesamt filigranste Riesling der Probe. Die strahlende, reintönige und überaus verführerische Fruchtnase gibt ein Versprechen, welches am Gaumen mehr als eingelöst wird. Frische, Saft und Kraft, gepaart mit feinster Säure. Laufstegreife Eleganz, wie Haute-Couture auf Flasche gezogen. Allerdings BEZAHLBAR und ich möchte nicht wissen, wie viele Grosses Gewächs-Weine daneben in Sack und Asche gehen müssten. Unbedingte Empfehlung.
2017 Westhofener Riesling QbA trocken, Wittmann, Rheinhessen
Ein starker Kontrast zum 2019er. Wie beim 2017er Gundersheimer zeigt sich hier bereits eine Reifenote, die zur klaren Ansage führt, diesen Wein gerne schon zu genießen und die jetzige Harmonie aus fülliger, saftiger Frucht und gerundeter Säure auszunutzen. Der 2017er Westhofener passt sehr gut zu kräftigeren Geflügel- oder Pasta-Gerichten.
2019 Fürfeld „Melaphyr“ Riesling QbA trocken, Wagner-Stempel, Rheinhessen
Starker Auftritt von Daniel Wagner. Kürzlich hat mich der 2018er Fürfeld „Melaphyr“ restlos begeistert und auch der 2019er hat es in sich. Anfangs hatte der 2019er als einziger Wein der Probe im Bouquet deutliche Reduktionsnoten (nasser Stein, Chlor), doch die verflogen im Nu. Pikant würzige Aromen, eine gewisse, sehr angenehme Räuchernote und Blütentöne traten hervor. Sehr eigenständig und dennoch stilistisch ganz klar Daniel Wagner zuzuordnen. Er schmeckt würzig, feine Frucht, Kalk, ultrapräzise und schnörkellos. Sehr gelungen, mit Potenzial über zehn Jahre hinaus.
2017 Niersteiner Riesling QbA trocken, Kühling-Gillot, Rheinhessen
Die Weine vom roten Hang rund um Nierstein und Nackenheim wirken stets wärmer als jene, die Carolin Spanier im südlicher gelegenen Wonnegau Rheinhessens produziert. Schon im Bouquet zeigen sich reife gelbe Früchte und Kräuternoten. Am Gaumen pikante Frucht mit Fülle, angenehmer Schmelz, sehr elegant. Der 2017er ist am Beginn der Trinkreife und bereitet schon jetzt viel Freude.
2017 Nackenheimer Riesling QbA trocken, Kühling-Gillot, Rheinhessen
In der Nase wirkt der 2017er Nackenheimer noch einen Tick wärmer und dichter als der Niersteiner. Wunderschöne, aber dezente Honignoten gesellen sich zu Aprikose und Pfirsich, am Gaumen saftig und ausdrucksstark, ohne das Gefühl von Schwere oder Süße zu hinterlassen. Sehr gute Länge.
2019 Niersteiner Riesling QbA trocken, Kühling-Gillot, Rheinhessen
Dieser 2019er befindet sich noch gänzlich in seiner primären Fruchtphase und erinnert im feinparfümierten Duft nach Rosen fast an einen Traminer. Das täuscht, denn der reiche Jahrgang 2019 braucht noch Zeit, um die konzentrierte, facettenreiche Frucht zu verarbeiten und seine Harmonie zu finden. Tatsache ist, dass die 2019er Kollektion des Hauses grandios gelungen ist. Warten Sie noch ein oder zwei Jahre und erleben Sie „Beautiful Rheinhessen“, wie es bei Carolin und H.O. auf dem Rückenetikett steht. Prost.
2019 Mélange Riesling QbA trocken, Eva Fricke, Rheingau
Der 2019er Mélange ist eine Cuvée aus allerbesten Trauben aus Hattenheim und Eltville. Eva Fricke war in der glücklichen Lage, Rebflächen des leider nicht mehr existierenden Rheingauer Spitzenweinguts Schloss Eltz übernehmen zu können. Die alten Reben haben noch immer das Potenzial zum Hervorbringen großer Weine und momentan werden die übernommenen Flächen von Eva Fricke auf biodynamischen Anbau umgestellt. Kürzlich konnte ich den 2019er Mélange aus einer im Oktober geöffneten Flasche probieren und war absolut erstaunt, dass der Wein überhaupt nicht gelitten hatte. Ganz im Gegenteil. Er zeigte die herausragende Klasse, die er in einigen Jahren haben wird.
Die am 18.01.2021 von uns geöffnete Flasche hatten wir hingegen nur kurz dekantiert. Welch ein gewaltiger Unterschied! Im Bouquet strotzte die „frische“ Flasche nur so von allerfeinsten Fruchtaromen, die Süße versprachen. Viel Waldhonig, etwas Karamell. Reich an Extrakt und Facetten, am Gaumen viel Durchschlagskraft, frische Rosinen, Aprikose, gepaart mit Kräuterlikör. Der kräftigste Wein der Probe mit 13,5% Volumen, die aber keineswegs spürbar oder gar störend auftraten. Der Wein braucht auf jeden Fall Zeit, denn sein in der Tat trocken-mineralisch-würziger Charakter ist noch vollständig von perfekt reifer und intensiver Riesling-Frucht verschüttet. Wir freuen uns über und auf diesen Wein.