Das Ziel: Ein Genießer Wochenende in Zürich. Die Metropole der Schweiz mit allen Sinnen entdecken. Der Weg: Eine tatsächlich entspannte Anreise mit der Bahn in weniger als fünf Stunden von Wiesbaden über Mannheim und Basel ins Zentrum der Schweiz. Die Unterkunft: Das uneingeschränkt empfehlenswerte Boutique-Hotel Ni Mo, Doppelzimmer inklusive Frühstücks ca. 190 Euro pro Nacht. In den Zimmern, die zum Innenhof liegen, hört man kaum etwas von der Geräuschkulisse einer Großstadt. Sie sind geräumig und gut ausgestattet. Umfangreiches Frühstücksbuffet und zu jeder Tageszeit gratis Kaffee, Tee und Mineralwasser, sehr freundliches und hilfsbereites Personal.
Opernhaus Zürich
Vom Hotel sind es nur knapp fünf Minuten Fußweg bis zum Opernhaus Zürich, dem Anlass für unsere Reise. Das Ballett-Ensemble von Zürich bewegt sich auf Spitzen in den höchsten Sphären tänzerischen Ausdrucks. Seit 2012 unter der Leitung des deutschen Choreographen und Regisseurs Christian Spuck, zieht das Opernhaus kulturbegeisterte Gäste aus aller Welt an. Uns lockte seine Inszenierung von Shakespeares "Romeo & Julia". Ein denkwürdiges, intensives Erlebnis und ein Augen- und Ohrenschmaus sondergleichen. Christian Spucks aufwendig kostümiertes Ensemble verbindet in seiner Version der tragischen Liebesgeschichte Ballett mit klassischem Schauspiel. Einfach grandios.
Zürich ist auch sonst eine sehr reiche Stadt, die idyllische Altstadt glänzt mit ihren zahllosen perfekt restaurierten bzw. in Stand gehaltenen Kirchen, Villen und Wohnhäusern. Das Stadtbild konnte sich durch die Jahrhunderte ungestört entwickeln. Der Vorteil, wenn man nie einen großen Krieg anzettelt. Der Zürichsee und das eindrucksvolle Bergpanorama, welche sich bei klarem Himmel von der Stadt aus bewundern lassen, tun ein Übriges, um die Nachfrage nach Wohnraum sehr hoch zu halten.
Auf den zentralen Straßen herrscht die mit Abstand höchste Dichte an luxuriösesten Supersportwagen, die ich jemals gesehen habe. Möglicherweise habe ich allerdings die City-Zufahrtsbeschränkungsschilder für Autos unter 300 PS übersehen. Im Fenster eines Bekleidungsgeschäfts sah ich ein Werbeplakat für die Übernahme von Parkknöllchen bis 40 SFr. ab einem Einkauf von 300 SFr. Die Anschaffung von feinen Socken wird also quersubventioniert, beeindruckend.
Man kann sich als Eurozonenbewohner leicht vorstellen, wie schwierig es ist, in Zürich preisgünstig und gut zu speisen. Selbstverständlich ist die Auswahl an Spitzenrestaurants auf höchstem Niveau groß, aber ich wollte meine Altersvorsorge nicht angreifen und fand, FALSTAFF sei Dank eine wundervolle Adresse: Die Bauernschänke von Nenad Mlinarevic, dem Schweizer Koch des Jahres 2016. Im April 2018 übernahm er die denkmalgeschützte Bauernschänke. Hier geht es ihm und seinen Partnern nicht mehr um Sterne, Hauben oder steife Konventionen.
Hauptgang in der Bauernschänke
Das Konzept nennt sich "Shared plates": Alle Gerichte kommen in die Mitte der antiken Holztische. Die Produkte sind hauptsächlich aus der Region. Es ist eine gelungene Mischung aus deftig und fein. Die Portionen sind nicht übermäßig groß, so dass es große Freude macht, von allem zu probieren und sich mit Freunden über die Vielzahl aromatischer Köstlichkeiten auszutauschen.
2002 Champagne Pol Roger Cuvée Sir Winston Churchill
Die Weinkarte zeugt von außerordentlichem Gespür für feinste Gewächse jenseits der bekannten Namen. Nichts für Etikettentrinker, alles für neugierige, offene Weinliebhaber und Weinverrückte wie mich. Allein die Auswahl allerbester Winzer-Champagner lohnt den Besuch. Wir wurden von Sommelier Patrick Schindler hervorragend bei der Auswahl beraten, denn gerade bei den Kenntnissen über Schweizer Weine habe ich bedenkliche Lücken. Ohne mich weiter in Details zu verlieren: Wenn Sie Zürich besuchen, sollten Sie unbedingt in die Bauernschänke einkehren. Für mich ist es ein gastronomischer Höhepunkt von Zürich. Mein ausdrücklicher Dank an dieser Stelle für die spannende Küche und den großartigen, vorbildlichen Service an diesem wein- und genussreichen Samstagabend.
2014 Gevrey-Chambertin Mes Cinq Terroirs
Zu späterer Stunde haben wir dann noch der Mövenpick Wein-Bar einen Besuch abgestattet. Die Besonderheit hier ist das lobenswerte, weinfreundliche Konzept. Man kann sich aus dem umfangreichen Sortiment des angeschlossenen Weinshops die gewünschte Flasche aussuchen und diese mit einem Aufschlag von 25 SFr. Korkgeld im angenehmen Ambiente der Bar genießen. Praktisch gesehen großartige Weine zum Ladenpreis. Die Mövenpick Wein-Bar hat zusätzlich einen Innenhof, als auch Plätze zur Straße. Dort an der Nüscheler Straße vereinten sich für mich wieder alle Sinne.
Züricher Idylle bei Nacht: Die innere Ruhe längst eingekehrt, im Glas feinsten Champagner, lauscht man den noch immer einsam um die Häuserblöcke kreisenden und um die Wette röhrenden Bi-Turbos. Das möchte ich nicht missen. Santé!
Autor: Hans-Jürgen Teßnow