Als wir im Dezember 2021 Turin besuchten, waren wir am Ende der zwei Tage so verzaubert, dass uns die Hauptstadt des Piemont im Juni 2022 erneut magisch anzog. Inzwischen kannten wir uns ein wenig aus und konnten gezielt Erinnerungen auffrischen und Neues anpeilen. Unser tadelloses Hotel Double Tree by Hilton liegt im Stadtteil Lingotto. Örtlich zwar außerhalb des Zentrums, aber mit der U-Bahn erreicht man in wenigen Minuten den eindrucksvollen 1861 eröffneten Hauptbahnhof Porta Nuova. Hier beginnend kann man bequem die Innenstadt erkunden.
Letztes Mal haben wir die dereinst als Synagoge geplante Mole Antonelliana nur von außen bewundert, dieses Mal nahmen wir den Panorama-Lift bis unter die Spitze des Turiner Wahrzeichens. In luftiger Höhe genießt man den Rundumblick über die ganze Stadt, inklusive der selbst im Juni noch teilweise schneebedeckten Alpen.
Ristorante Consorzio – Lieblingslokal
Die Vorfreude auf den ersten Abend war riesig und das Ristorante Consorzio erwies sich erneut als ein genussreicher Höhepunkt der zweiwöchigen Auszeit. Authentische Piemonteser Küche mit Raffinesse. Auch dieses Mal konnte ich der schieren Vielzahl rarster Weine Italiens und Frankreichs widerstehen und ließ mir einen italienischen Weißwein empfehlen. Ohne groß in die Details zu gehen: Weder kannte ich zuvor Wein oder Winzer, aber der 2013er Filagnotti von Stefano Bellotti kann es mit seiner Mineralität, Präzision und Würze mühelos mit den Saumur Kultweinen von Clos Rougeard und Guiberteau oder den Savagnin und Chardonnay Spitzen von Ganevat aus dem Jura aufnehmen. Das Faible der Consorzio Inhaber für Weißweine dieser Stilistik ist unverkennbar. Neugierig? Reservierung zwingend notwendig und lassen Sie sich beraten.
Am zweiten Tag sind wir von Lingotto am Ufer des Po entlang in die Stadt spaziert. Auf dem Weg durch schattenspendende Alleen stoßen Sie auf die 1898 fertiggestellte Fontana di Ceppi mit Skulpturen von Rubino und Contratti. In der Hitze des Sommers spendet die Fontäne hochwillkommene Abkühlung.
Ristorante Vintage 1997 – Ein Stern mit vielen Sternchen
Auch der zweite und leider viel zu schnell gekommene letzte Abend in Turin setzte ein kulinarisches Ausrufezeichen. Im Ein-Stern Guide Michelin Restaurant Vintage 1997 erinnert die Einrichtung an ein englisches Landhaus mit etwas Plüsch, gediegen mit Charme. Unser Gastgeber empfing uns lächelnd und herzlich. Umsichtig hatte er stets das Wohl seiner Gäste im Blick. Der sympathische Sommelier zeigte sich interessiert am fachlichen Austausch. Das Restaurant Team komplettierte eine grazile, unnahbar wirkende aber effizient werkende Servicemitarbeiterin, deren cW-Wert perfektioniertes Beinkleid gefühlt die Raumklimatisierung sabotierte. Der Patron präsentierte uns eine Schale frischer Waldpilze und empfahl uns diese zur Veredelung diverser Gänge. Fein gehobelt bedeckten sie wenig später meine sehr schmackhafte Vorspeise: Tartar vom Fassone Rind.
Der Hauptgang „La Torinese“ (Kalbsmedaillons in einer Kruste aus Haselnüssen und Grissini): Ideal gegart und ebenfalls reichlich. Der begleitende 2000er Barbaresco Camp Gros Martinenga von Marchesi di Gresy ist auf dem Höhepunkt, auch undekantiert zeigte sich die wunderbare Charakteristik eines reifen Nebbiolo Weins: Einerseits Leder, rote Johannisbeeren, Lorbeer, Anis und feine Säure, dann aber wärmende, süße Frucht.
Elegant und lang. Auch wenn ich nicht gerne über Preise spreche: Das Vintage 1997 ist mit Sicherheit eines der günstigsten Sterne Restaurants überhaupt, zumindest was die Speisen betrifft. Die Küche ist authentisch und glänzt mit schnörkelloser Handwerkskunst. Die umfangreiche Weinkarte ist hervorragend bestückt.
Nach drei Gängen à la Carte war ich aufs Angenehmste pappsatt, wenn ich es so ausdrücken darf. Unbedingt empfehlenswert.
Am nächsten Morgen haben wir uns noch im Feinkost-Paradies EATALY für die Woche in der Toskana eingedeckt und sind über Genua und Livorno ins Herz der Chianti Region gefahren.
Fortsetzung folgt…