Verkostungsnotizen nach Jahrgang, nicht in der Reihenfolge der Probe
2020 Chambertin Grand Cru
Ein Wein, bei dem mir die Worte fehlen, um das, was am Gaumen passiert, angemessen zu beschreiben. Der erste Eindruck im Bouquet hat NICHTS, was auf das warme Jahr 2020 hindeutet. Er wirkt geradezu kühl. Frisch gepflückte, von der Sonne noch warme, aromatische dunkle Beeren aller Art, Heidelbeeren, Brombeeren, Sauerkirsche. Der Wein ist so extraktreich, dass der Ausbau in zu 100% neuem Holz ebenfalls nicht spürbar ist. Erdig, kraftvoll, enorm zupackend, vielschichtige Frucht, feinste Tannine, Präzision par excellence. Die Säure stützt perfekt und macht den 2020er Chambertin noch frischer. Eleganter geht es kaum, für mich ein Bilderbuch-Chambertin in Perfektion. Wahrscheinlich wird er sich bei idealer Lagerung bis zu einem halben Jahrhundert entwickeln.
2020 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Ein verführerischer, intensiver Duft von dunklen Beeren entströmt dem Glas, hinzu gesellen sich eine edle, Eichenholznote, Gewürze wie Weihrauch und Wiesenthymian, auch Veilchen. Konzentrierte, kühle Frucht, zupackende Tannine, der Clos St. Jacques hat Biss, die Frucht wirkt einen Hauch wärmer als beim Chambertin. Sehr edel, kraftvoll und mit Potential für etliche Dekaden. Großartig gelungen.
2019 Chambertin Grand Cru
Im Vergleich zum 2020er erscheint der 2019er Chambertin einen Tick wärmer. Herrliche Noten von dunklen Beeren, Pflaumen, florale Anklänge, Gewürze und dezent Eichenholz treten hervor. Am Gaumen intensiv, komplex verwobene Frucht, viel Extrakt, sehr gute Säure und feinkörniges Tannin. Ein Kraftprotz mit großem Potential, den einige Gäste dem 2020er vorzogen. Das sieht auf lange Jahre hinaus nach einem Kopf an Kopf Rennen auf Champions-League-Niveau aus.
2019 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Momentan auch beim 2019er Clos St. Jacques mehr Wärme als beim 2020er Pendant. Brombeeren, Heidelbeeren, aber auch Himbeeren und rote Johannisbeeren im Bouquet. Im Geschmack feinste Pinot Noir Süße, ein würziger, vielschichtiger Burgunder mit Saft und Kraft, der von seiner pikanten Säure eine ordentliche Dosis Frische bekommt, so dass niemand an die Wärme von 2019 denkt. Exzellente Zukunft.
2018 Chambertin Grand Cru
Ein erstaunliches feines Bouquet für den heißen Jahrgang 2018. Ein Korb voller roter und dunkler Beeren, Kräuter, Gewürze plus eine Dosis edles Eichenholz. Kristalline, pikante Frucht, süßer und weicher als der Clos St. Jacques, komplex und lang, sehr ausgewogen. Einfach große Klasse, wie Rousseau die Hitze aus dem Wein herausgehalten hat. Alle Anlagen deuten auf ein jahrzehntelanges Vergnügen hin. Bravo!
2018 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Sehr offenes, parfümiertes Bouquet, rote Beeren, Pflaume, Weihrauch, Rosenblätter, frischer Tabak, Veilchen. Konzentrierte, dichte Frucht, anregende Säure, mittlerer Körper. Schlanker als der Chambertin, aber straff und delikat durch seinen Reichtum an Frucht.
2017 Chambertin Grand Cru
Die 2017er Weine von Armand Rousseau haben das Zeug zum Klassiker. Nach den unbestritten großen Jahrgängen 2015 und 2016 bekam das „normale“ Jahr 2017 zu wenig Aufmerksamkeit. Aber gerade hier schöpft Rousseau das Potential seiner Spitzenlagen voll aus. Der 2017er Chambertin glänzt einerseits mit einem äußerst filigranen, ausdrucksstarken Bouquet von Kräutern, reifen Beeren, schwarzem Tee und Unterholz. Am Gaumen ist die Frucht zunächst im Hintergrund, man spürt die gradlinige Struktur des Weins, sehnig und kraftvoll, die Tannine präsent. Der Chambertin hat Biss, alles ist präzise austariert. Ein delikater, würziger Burgunder, kühl, fordernd und jederzeit spannend.
2017 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Aromatisch kühle Nase, rote Johannisbeeren, Kräuter, Unterholz. Faszinierend am Gaumen, so fein, facettenreich und verspielt. Mineralität und Würze, dazu feinziselierte Frucht und eine gute Portion Säure, alles in allem sehr balanciert. Von selbstverständlicher Größe.
2016 Chambertin Grand Cru
Hauptsächlich Frost reduzierte den Ertrag im Chambertin um 60%, doch was Rousseau aus dem verbliebenen, niedrigen Ertrag von 16 hl/ha gemacht hat, ist schlichtweg grandios. Für mich war es der verschlossenste Wein der gesamten Probe. Das Bouquet reintönig, kühl, geballt, dicht. Feinstes Eichenholz überlagert noch die dunklen Beerenaromen. Der 2016er Chambertin fühlt sich am Gaumen monumental an, da lauert so viel Energie und urwüchsige Kraft. Alles ist im Übermaß vorhanden, das spürt man sofort. Viele Gäste bevorzugten den schon etwas offeneren 2015er, aber ich vermute, dass langfristig der 2016er noch ausdauernder strahlen wird. Abgesehen davon, dass der 2016er sehr rar ist, frage ich mich natürlich, wer denn noch da sein wird, wenn er erst einmal zur vollen Reife erblüht ist. So it goes.
2016 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Momentan noch verhalten im Bouquet. Zart nach dunklen und roten Beeren, aber stärker nach einem längst ausgedienten Kamin, Gewürzen, Kräutern und dezent Eichenholz. Die Säure scheint höher als beim Chambertin zu sein, die Frucht kommt noch nicht vollständig durch. Mineralisch, sehnig, kühl, fordernd. Die Tannine greifen fest zu, aber die Substanz des Weins ist großartig. Mindestens noch weitere zehn Jahre Geduld sind ratsam.
2015 Chambertin Grand Cru
Die Diskussion am Tisch, ob 2015 oder 2016 größer sei, klang für mich, als sollte ich zwischen dem Paradies und dem Garten Eden wählen. Obwohl sich auch beim 2015er die Aromen noch nicht vollends entfalten, so begeistert doch die Mischung aus dunklen Beeren, Lakritz, Sandelholz, Veilchen, Oregano und Unterholz. Die 100% neues Holz werden von diesem Monument einfach geschluckt. Dieser Wein ist sensationell. Konzentriert, Schicht auf Schicht Frucht und Extrakt. Enorme Substanz, reintönig und präzise. Denkwürdig und mit Kraft für etliche Jahrzehnte. Ich würde noch 15 Jahre warten, aber wer kann das schon?
2015 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Von Anfang an wirkt der 2015er wärmer als sein 2016er Pendant. Das Bouquet zeigt alles, was das Herz eines Pinot Noir Liebhabers höherschlagen lässt: Blaubeeren, Himbeeren, Sauerkirschen, Veilchen, Anis, Wiesenkräuter und feinstes Eichenholz. Dicht verwobene Frucht, frische Säure, ein Bilderbuch-Burgunder, der allerdings noch viel Zeit braucht, die präsenten Tannine verleihen dem Wein einen etwas trockenen Abgang.
2014 Chambertin Grand Cru
Im herausfordernden Jahr 2014 ist Rousseau mit diesem Chambertin ein Meisterwerk gelungen. Die Nase wird von Kräutern wie Thymian, Rosmarin dominiert, rote und dunkle Beeren finden sich ebenfalls. Alles im Zaum gehalten von edlem Eichenholz, welches aber keineswegs die Hauptrolle übernimmt. Der 2014er Chambertin ist bereits zugänglich und nach dem ersten Schluck möchte man eigentlich nichts mehr, als ungestört mit ihm allein den Abend bis in die Nacht zu verbringen. Die Balance zwischen Kräuterwürze, Frucht und Säure ist ideal. Ein wunderbarer, kräuterig-herber Genuss mit feinster Süße. Keine Sorge, auch hier sind noch locker 20 Jahre pures Vergnügen drin.
2014 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Meine zweite Begegnung im Juni 2023 mit diesem Wein, nachdem Cyrielle Rousseau uns bereits während unserer Burgund-Reise eine ausgezeichnete Flasche davon spendiert hatte. Wiederum reichlich Kräuter, rote Beeren, Pflaumen, Teeblätter im Bouquet, ebenfalls eine feine Eichenholznote. Die Süße zart, etwas weniger als beim Chambertin. Ein Hauch flüchtige Säure, keineswegs störend. Insgesamt sehr elegant. Der 2014er Clos St. Jacques wird getragen von seiner kräuterig-erdigen Art, jeder Schluck verlangt umgehend den nächsten. Hervorragend gelungen.
2013 Chambertin Grand Cru
Viele 2013er Burgunder sind etwas spröde und arm an Frucht. Wieder zeigt Rousseau, was in den besten Lagen möglich war. Im Bouquet herrschen rote Beeren und getrocknete Kräuter vor, am Gaumen ist der Chambertin ebenfalls kräuterwürzig, die höhere Säure des Jahrgangs zeigt sich, wird aber von der Mineralität, Substanz und Kraft des Weines eingefangen. Erstaunlich, wie er weicher, samtiger wird, je länger er im Glas steht. Mit Sicherheit wird der 2013er noch zulegen.
2013 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Die Nase zeigt vegetale Aromen, Kräuter, Teeblätter, Unterholz, rote Johannisbeeren und einen Hauch Pfirsich. Dieser charaktervolle Tropfen ist momentan fordernd, Säure und Tannine sind präsent, er schmeckt würzig, eher schlank und offeriert recht wenig Süße. Keineswegs enttäuschend, aber in dieser Probe einer der schwächeren Weine. Wahrscheinlich wird er sich in einigen Jahren öffnen und mehr Frucht bieten.
2012 Chambertin Grand Cru
Nach jetzt elf Jahren bietet der sehr gute Jahrgang 2012 schon reichlich. Der 2012er Chambertin ist ein traumhafter Pinot Noir, das Bouquet verführerisch mit einer Mischung aus dunklen Beeren, floralen Noten und Erdigkeit. Geschmacklich hochelegant, vielschichtige, dezente Frucht, feine Tannine, unwiderstehliche Pinot Noir Süße. Da er im Gegensatz zu vielen anderen Weinen der Probe das Plateau seiner Reife erreicht hat, kam er unter den Gästen besonders gut an. Es geht doch nichts über Harmonie… ein wunderbarer Chambertin, der große Lust auf mehr macht.
2012 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Wie auch der Chambertin desselben Jahrgangs glänzt der Clos St. Jacques. Klassische rotbeerige Aromen, Kräuter, Gewürze und etwas neues Holz ergeben einen verführerischen Burgunder, der in jeder Hinsicht Grand Cru Niveau bietet. Die feine Süße, mittlerer Körper und wohldosierte Säure harmonieren wunderbar. Der Wein hat ordentlich Spannung und vermittelt eine angenehme Wärme. In einigen Jahren wird er noch ausdrucksstärker sein und das überaus hohe Niveau für zwanzig Jahre halten.
2011 Chambertin Grand Cru
Wie auch im Jahrgang 2013 gehört der 2011er Chambertin zum anerkannten Besten, was aus diesem schwierigen Jahr herausgeholt werden konnte. In der Nase zarte Aromen von Milchschokolade, roten Früchten, getrockneten Kräutern und Gewürzen. Am Gaumen zunächst eher schlank, jedoch mit zunehmender Belüftung an Körper und Ausdruck deutlich gewinnend. Die Süße sehr zart, aber animierend, Säure noch präsent, die Tannine weicher werdend. Ein würziger Chambertin, den man ruhig eine Stunde vor dem Genuss dekantieren sollte. Meines Erachtens wird er noch einige Jahre zulegen und dann das Niveau länger als eine Dekade halten.
2011 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Hier geben erdige Aromen den Ton oder besser die Nase an. Eisenkraut, Jod, Rosmarin, rote Johannisbeeren und Unterholz. Der 2011er Clos St. Jacques wirkt strenger, anfangs etwas abweisend und kühl. Straffe Textur, weniger Süße und eine prägnante Säure, die Frische verleiht. Beileibe nicht schwach, aber in dieser herausragenden Runde einer der „kleineren“ Weine.
2009 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Erstaunlicherweise war der 2009er in der Nase noch etwas reduktiv und sperrig, trotz ebenfalls vorhandener Blaubeer-Aromen. Einerseits eine feine Süße am Gaumen, aber andererseits auch leicht adstringierend, sprich austrocknend am Gaumen. Vielleicht verursacht durch den im Jahr 2009 signifikant höheren Anteil von Ganztrauben. Möglicherweise befindet sich der 2009er noch in der Findungsphase. Momentan zeigte er bei weitem nicht das Potential des warmen, großen Jahrgangs. Die nächsten Jahre werden klären, wohin die Reise geht.
1970 Gevrey-Chambertin Premier Cru Clos St. Jacques
Wir wären nicht WeinArt, wenn wir neben dem 2009er nicht noch eine zweite Überraschung aus dem Keller hervorgeholt hätten. Die mit knapp 4 cm Schwund nicht mehr ganz perfekte Füllhöhe machte sich leider bemerkbar. Der Korken war durchfeuchtet, saß aber noch fest im Flaschenhals. Der Korkbrand wie bei Rousseau üblich ausführlich und komplett lesbar. 1970 war im Gegensatz zu 1969 und 1971 kein großer Jahrgang im Burgund. Wir hatten diesen Wein bereits vor einigen Jahren mal im Glas, aus demselben Keller, ähnliche Füllhöhe. Seinerzeit eine grandiose Flasche, die wir in kleiner Gruppe mit großem Genuss in kürzester Zeit gelehrt hatten. Diese Flasche am 30. Juni 2023 war bereits ziemlich am Ende ihrer Reise angelegt. Die Farbe hell, aber noch immer klar, Aromen von Bratensaft, Gemüsefond und Unterholz. Ebenfalls noch eine feine Süße spürbar, am Gaumen fehlte es an Spannung, aber es kamen keine oxidativen Nuss- oder Sherrynoten auf. Bisher hatten wir mit alten Rousseau-Weinen nahezu immer Glück, dieses Mal aber auch kein Pech. Als wenn sich an so einem denkwürdigen Abend überhaupt jemand an dieses seltsame Wort Pech erinnert hätte.