Zwei Tage zwischen Wein- und Weltkultur, Hochgenuss und Hochöfen
Es hätte eine Reise nach Morey-Saint-Denis im Burgund werden sollen, doch als sich unser geliebtes Frankreich in eine rote Corona-Zone verwandelte und eine dementsprechende Reisewarnung ausgesprochen wurde, mussten wir schweren Herzens zum zweiten Mal verschieben.
Eine längst geplante Reise führte uns stattdessen nach Saarlouis im Saarland. Dort, an der Grenze zu Lothringen zieht ein Hauch von französischem Flair durch die Straßen. Die 1680 von König Louis XIV als Sarre-Louis zur Errichtung befohlene und vom französischen Baumeister Sébastien Le Prestre de Vauban als Festung mit sechs Bastionen verwirklichte Stadt hat eine wechselvolle Geschichte zwischen deutschen und französischen Interessen erlebt. Die daraus resultierende kulturelle Vielfalt bereichert die gesamte Region.
Das Hotel La Maison
Der Unternehmer Günter Wagner hat mit großer Liebe zum Detail das ehemalige Oberverwaltungsgericht zu einem in jeder Hinsicht stilvollen Hotel verwandelt. Das mehrfach für Design und faszinierende Architektur ausgezeichnete La Maison hat uns bereits beim Schritt über die Türschwelle emotional gepackt und bis zum Abschied nicht mehr losgelassen. Angefangen vom freundlichen Empfang an der Rezeption bis zum Service im Restaurant Louis und dem Bistro Pastis spürt man zu jeder Sekunde eine behagliche, beruhigende Form des gut angekommen und aufgehoben Seins. Hier arbeitet ein Team, verbunden im Ziel, jedem Gast unbeschwerte, glückliche Stunden voller Genuss und Lebensfreude zu schenken. Ich muss Ihnen nicht erklären, wie wertvoll und wohltuend die Harmonie aller Sinne in unserer schwierigen Zeit ist. Diese Balance wurde uns im Hotel La Maison geschenkt, für sämtliche Sorgen galt striktes Beherbungsverbot.
Das Zimmer
Unser Zimmer befand sich im Nebengebäude, nah am Hotel und weit genug entfernt von der Geräuschkulisse der Straße. Für die kurze Auszeit nächtigten wir in einer geräumigen Suite mit Balkon zum Garten. Ein überaus bequemes Bett und viel Platz für Kleidung und Koffer. Im großen Bad eine Regenwasserdusche, perfekt temperierbar mit ordentlichem Wasserdruck. Allenfalls das ökologische Gewissen verkürzt die Verweildauer. Ausziehbar und elegant in der Wand verborgen befinden sich Kleiderschrank und Mini- plus kleine Hausbar. Auch hier bis ins Detail ein klar durchdachtes Konzept zum Wohle des Gastes.
Das Restaurant Louis
Küchenchef Martin Stopp hat zweimal mit Klaus Erfort (Drei Sterne Guide Michelin) zusammengearbeitet, zu Beginn seiner Karriere in der Völklinger "Orangerie" und später im "GästeHaus Klaus Erfort" in Saarbrücken. Dieser Einfluss ist sicht- und schmeckbar und so hat Martin Stopp im Restaurant Louis bereits einen Stern im Michelin erkocht. Meines Erachtens strahlt dieser Stern so hell wie der Polarstern. Ehrlich gesagt sind meine Frau und ich in den letzten Jahren lediglich in den beiden Drei Sterne Restaurants im Waldhotel Sonnora und bei Victor’s Fine Dining auf Schloss Berg so herausragend verwöhnt worden. Angefangen bei der Optik, die jeden Gang wie ein kleines Kunstwerk erscheinen ließ, weiterhin eine sensationelle Abstimmung der einzelnen Zutaten und zur Krönung eine perfekte Aufeinanderfolge von geschmacklichen Reizen.
Wie oft haben wir uns überrascht angeschaut und sind dann in Glückseligkeit versunken. Ein knackiges Blumenkohlröschen, welches plötzlich nach frischen Orangen schmeckte. Ein Stück Räucheraal mit Rotkraut und Gänseleber. Wer würde glauben, dass sich hier Harmonie einstellt?
Ich möchte Ihnen nicht zu viel verraten, aber lassen Sie sich das große Sieben-Gang-Menü nicht entgehen. Vier Stunden am Tisch vergehen wie im Flug und weder gibt es Turbulenzen noch eine harte Landung. Im Service greift wie bei einer Schweizer Uhr präzise ein Rädchen ins andere, in vollkommen unaufgeregt entspannter Atmosphäre kümmern sich Sommelier Robert Jankowski und zwei weitere Kräfte aufmerksam um jedes Detail. Auch hier lohnt es sich, genau hinzuschauen. Ein edler Rotwein wird nicht über einer simplen Kerze auf einem schäbigen Ständer dekantiert, nein, die Kerze thront auf einem Knäuel aus kunstvollen geschwungenen Glasröhren.
Die Weinkarte
Sommelier Robert Jankowski besitzt nicht nur enormes Fachwissen, sondern er bringt es dem Gast wohldosiert und für jeden Anspruch angemessen und engagiert näher. Er war früher in der "Schwarzwaldstube" des Hotels Traube-Tonbach tätig, zusammen mit Stéphane Gass, einem der weltbesten Sommeliers. Die Weinkarte ist Corona-bedingt kleiner als vor der Krise, aber immer noch exzellent bestückt. Man findet selbstverständlich etliche Spitzengüter der Saar wie zum Beispiel Forstmeister Geltz-Zilliken, Peter Lauer, Van Volxem in allen Geschmacksrichtungen und auch Egon Müller fehlt nicht. Über weitere Spitzen-Rieslinge von Joh. Jos. Prüm, A. Christmann und Peter Jakob Kühn geht es weiter zu einer formidablen Auswahl roter Burgunder mit Gütern wie Dujac, Sylvie Esmonin, Cécile Tremblay und Liger-Belair.
Witzigerweise ergab es sich im Gespräch mit Herrn Jankowski, dass ich mich beim Weißwein für den 2016er Maximin Grünhäuser Abtsberg Superior des gleichnamigen Weinguts und einen 2015er Chambolle-Musigny von Jacques-Frédéric Mugnier entschied, die beide noch nicht, bzw. nicht in der Karte standen. Absolute Glücksgriffe, der Ruwer Riesling bestach mit seiner feinen mineralischen Würze, Kraft und satter Frucht, der Chambolle-Musigny des Kultwinzers Mugnier war ein Bilderbuch Burgunder, der seidig, hochelegant, mit feiner Pinot Noir Süße und viel Charme glänzte.
Das Arrangement
Unser Arrangement bestehend aus zwei Übernachtungen, je einem Diner im erwähnten Restaurant Louis und dem ebenfalls uneingeschränkt empfehlenswerten Bistro Pastis (Bib Gourmand Guide Michelin), umfasste ebenfalls die die Besichtigung des Unesco Weltkulturerbes Völklinger Hütte. Es ist heute ein beeindruckendes Industriemuseum. Auf dem riesigen Areal des 1986 endgültig stillgelegten Stahlwerks haben wir einen ganzen Nachmittag staunend die über hundertjährige Geschichte von Eisen, Erz, Stahl, Kohle und Koks in Völklingen betrachtet. In den ehemaligen Lager- und Produktionsstätten finden regelmäßig Kunstausstellungen statt. Die beigefügten Bilder sollen Ihnen einen kleinen Eindruck vermitteln von einem Ort, an dem zur Blütezeit 1965 mehr als 17.000 Menschen Arbeit fanden.
Autor: Hans-Jürgen Teßnow