Zu den großen kulinarischen Freuden im Herbst zählen für mich alle Arten von Kürbisgerichten. Kürbis an sich ist nicht gerade geschmacksintensiv, aber vielseitig einsetzbar, einfach zu verarbeiten und anpassungsfähig in Bezug auf Zutaten und Weinbegleitung.
Eine meiner Lieblingssuppen basiert auf Hokkaido-Kürbis. Diese Sorte muss nicht geschält werden, sondern nur entkernt. Das spart Arbeit. Man würfelt den Kürbis, brät die Stücke im Topf in Butter kurz an und kocht dann alles in Gemüsebrühe, Sahne und Kokosmilch auf. Nach 15 bis 20 Minuten ist der Kürbis weich. Frisch geriebener Ingwer, eine fein gehackte und entkernte Chilischote, eine gepresste Knoblauchzehe, abgeriebene Limettenschale, Limettensaft und Salz kommen hinzu und dann püriert man die Suppe mit dem Pürierstab. Ich bereite die Suppe gerne einige Stunden vor dem Servieren vor und lasse sie nach dem Pürieren abkühlen. So verbinden sich die Zutaten zu einem harmonischen Ganzen. Wenn Sie es pikanter mögen, servieren Sie die Suppe direkt nach der Zugabe von Ingwer, Chili, Knoblauch usw.
Zu dieser exotisch angehauchten Kürbissuppe passen am besten Riesling-Weine mit einer gewissen Restsüße. Idealerweise sollte der Riesling eine gewisse Reife haben, so dass die höhere Säure der Riesling Traube die Harmonie mit der Suppe nicht stören kann. Sehr gute Erfahrungen habe ich mit reifem Kabinett und Spätlese Weinen gemacht.
Im Oktober 2020 habe ich zur Begleitung dieser Suppe eine ganz besondere Flasche aus dem Keller hervorgeholt. Eine 1966er Rüdesheimer Berg Rottland Spätlese Cabinet von Schloss Groenesteyn. Vor einigen Jahren konnten wir durch persönliche Beziehungen einen Großteil der Schatzkammer dieses leider heute nicht mehr existierenden Rheingauer Traditionsweinguts kaufen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die darin befindlichen Flaschen ohne Kapsel und ohne Etikett unter perfekten Bedingungen kühl und bei hoher Luftfeuchtigkeit gelagert. Führen Sie sich einmal vor Augen, was Sie persönlich in den vergangenen Jahrzehnten erlebt haben, während diese Flasche 1966er still und unberührt auf den richtigen Moment wartete, Freude zu bereiten. Auf dem Etikett der Flasche steht Spätlese Cabinet. Der Begriff Cabinet wurde nach der Weinrechtsreform 1971 verboten, bis dahin zierte „Cabinet“ als Zusatz die Etiketten aller Weine, welche die Winzer für würdig befanden, in der Schatzkammer eingelagert zu werden, anstatt sie umgehend nach der Abfüllung zu vermarkten.
Der Korken ist ein Naturprodukt und so haben bei älteren Weinen nicht alle Flaschen dieselbe Füllhöhe. Seinerzeit haben wir alle einwandfreien Schatzkammerweine von Schloss Groenesteyn verkauft und jene Flaschen mit riskanten Füllhöhen behalten. Ob 1959, 1964, 1966, 1971 oder 1976, es war wirklich erstaunlich, wie gut sich die nicht perfekten Flaschen präsentierten.
Meine Flasche 1966er hatte ca. 5 bis 6 cm Schwund, Sie können es auf dem Bild erkennen. Der Korken war eine Herausforderung, oben schimmlig schwarz, darunter bis weit in den Korken hinein ebenfalls. Es gelang mir, den Korken bis auf das noch fest im Flaschenhals sitzende Endstück komplett zu ziehen. Der Riesling hatte eine gesunde, tiefgoldene Farbe, strahlend klar. Das sind zuverlässige Indizien für die Beurteilung des Trinkvergnügens. Ein erstes Hineinriechen und der Probeschluck sorgten für Gewissheit: Diese Flasche war perfekt!
Am Tisch zeigte die 1966er Spätlese ihre Klasse. Das Bouquet reintönig, getrocknete Aprikosen, Waldhonig, Karamell, Kräuter, reif, reichhaltig. Am Gaumen eine noch erstaunlich präsente Süße, sehr balanciert und durch feine Säure gestützt. Zartcremig und kräuterwürzig im Geschmack, Harmonie, wie sie besser nicht sein könnte. Hochelegant und mit genügend Struktur und Kraft, um sich ideal mit den pikanten, warmen Aromen der Kürbissuppe zu ergänzen. Ein langanhaltendes Leuchten in unserer sorgenerfüllten Zeit. Sollten Sie diesen Wein besitzen oder finden, so greifen Sie zu. Wenn eine Flasche mit einer so schlechten Füllhöhe noch herausragend schmeckt, dann besteht kein Risiko für die nächsten zehn Jahre positiver Entwicklung.
Hier bei uns im Rheingau finden Sie eine exzellente Auswahl von Schloss Groenesteyn Raritäten auf der Weinkarte des Hotels/Restaurants „Zum Krug“ in Hattenheim. Bei Familie Laufer kehren auch wir besonders gerne ein. Charmante Gastgeber, kreativ und gleichzeitig bodenständige, regional Küche, und eine der umfangreichsten Weinkarten der Region, geprägt vom Besten, was der Rheingau zu bieten hat.
Autor: Hans-Jürgen Teßnow