Wenn Couscous einen Riesling küsst…
Traditionell ist der Januar in unserem Kulturkreis der Monat, wo allerhand Vorsätze fürs neue Jahr gefasst werden. Oft genug geht es nach den festlichen Tagen voller Genuss im Überfluss jetzt ums Zurücknehmen, Kürzertreten, Korrigieren, wieder in die Normalität zurückfinden, Aufräumen oder um einen gesünderen Lebenswandel. Abnehmen, Fasten, auf Alkohol verzichten.
Kommt gar nicht in Frage.
Nach all den seelischen und schlimmstenfalls körperlichen Peinigungen, die Corona im Gepäck hat und den Kontakt- und Reisebeschränkungen als Maßnahmen gegen die Pandemie, sehe ich im Januar 2021 keinen Bedarf, mein Wohlbefinden durch zusätzliche, selbstauferlegte Restriktionen zu verschlechtern. Die Nachschubwege für Lebkuchen und Christstollen sind unterbrochen. Eine Versuchung weniger, das zählt doch schon, oder?
Mich halten in der Krise feine Weine und gutes Essen über Wasser. Ich finde tiefe Befriedigung darin, neue Kochrezepte auszuprobieren und lange nicht mehr gegessene Lieblingsgerichte wieder auf den Herd zu bringen. Selbstverständlich immer begleitet von einer guten Flasche Wein.
Am vergangenen Wochenende haben wir ein Rezept aus dem neuen Kochbuch „Flavour“ von Yotam Ottolenghi ausprobiert. Ottolenghi ist ein israelisch-britischer Koch und Kochbuchautor, dessen mediterran-orientalische Gerichte uns Mahl für Mahl verzaubern. Wir sind immer wieder erstaunt, wie Ottolenghi durch den Einsatz von verschiedensten Gewürzen zahlreiche Gemüse in unwiderstehliche Köstlichkeiten verwandelt. Das Nachkochen ist machbar, auch wenn es zeitaufwändiger ist. Apropos Zeit: Davon haben wir derzeit im privaten Bereich ja reichlich…
Couscous, Kürbis, Tomate und Sternanissauce stand auf dem Speiseplan. Schon nach den ersten Arbeitsschritten kam das Gefühl hoch, dass eine Weinbegleitung zur Kocherei hilfreich wäre. Ein 2018er Riesling Melaphyr Fürfeld von Wagner-Stempel aus Rheinhessen hatte seinen Auftritt. Dieser Tropfen stammt aus der kühlsten Lage von Daniel Wagner und das ist mit jedem Schluck spürbar. Die große Wärme des Jahrgangs 2018 ist hier auch ansatzweise nicht präsent, stattdessen glänzt der Wein im Bouquet mit ausdrucksstarker Kräuter-Mineralität, die sich am Gaumen fortsetzt. Hinzu kommt eine pikante, straffe Säure, die für enorme Frische sorgt. Abgepuffert wird sie durch eine vielschichtige, saftige Frucht. Reife Trauben, feiner Schmelz. Trotzdem sind die 13% Vol. nicht zu erkennen. Sehr präzise, dicht und anregend intensiv im Geschmack. Wir mussten uns bremsen, die Flasche nicht allzu leer in den Kühlschrank zurück zu schicken.
Die Zutatenliste des Gerichts beinhaltet neben den bereits genannten Bestandteilen noch frischen Knoblauch, Zwiebeln, Chili, Tomatenpüree, Zimt, Baby-Spinat und frischen Koriander. Es ist für den ersten Versuch sehr gut gelungen und ich kann Ihnen das Kochbuch und speziell dieses Rezept wärmstens empfehlen. Dieses würzige Gemüsegericht, übrigens komplett vegan, passt sehr gut zu gereiftem Riesling mit Frucht und Finesse.
Ein 2012er Gottesfuß Riesling Alte Reben von Van Volxem stand bereit und erfüllte seine Aufgabe ausgezeichnet. Die Lage Gottesfuß ist ca. 3,7 ha klein, sehr steil und liegt in Wiltingen an der Saar. Aus ihr kommt Jahr für Jahr einer meiner Lieblingsweine von Van Volxem. Der Jahrgang 2012 ist inzwischen ohne Diskussion trinkreif. Hier trifft im Wein die mineralische Komponente des von Grau- und Rotschiefer geprägten Bodens auf die vollreife, saftige mit ein paar Gramm Restsüße belassene Riesling Frucht. Ein hocheleganter, filigraner Wein, der bei angenehmen 12% Vol., genügend Spannung und Kraft hat, die Lakritz Noten des Sternanis in der Sauce wunderbar aufzugreifen. Meines Erachtens wird der 2012er Gottesfuß Alte Reben noch bis zu zehn Jahre Freude bereiten, aber ich sehe keinen Grund zu warten. Ein Abend voller Balsam für Leib und Seele. Fasten-Verzicht im Januar 2021: Ich bin dabei!