Wenn besagter Schluck ein 2020er Weißburgunder „Pfarrwingert“ aus Gimmeldingen ist, serviert von Sophie and Steffen Christmann, dann kann die Reise nicht anregender beginnen.
Zu Besuch in der Pfalz
Am 18. August hat sich unser WeinArt Team auf den Weg in die Pfalz gemacht, um erstmals das Weingut A. Christmann in Gimmeldingen zu besuchen. Betrachtet man die Entwicklung der Christmann’schen Weine in den letzten Jahren, so hätte es zahllose flüssige Gründe gegeben, um uns ein Bild vor Ort zu machen. Jetzt, wo unsere neue Webseite durch intensive Arbeit klare Konturen hat und die Restriktionen durch Corona unseren Bewegungsradius nicht länger einschränken, war endlich der Zeitpunkt gekommen.
Oha, ein Weißburgunder!
Steffen Christmann und Tochter Sophie hießen uns herzlich Willkommen und stellten uns ihre 2020er Weißweine sowie die 2019er Rotwein-Kollektion vor. Bereits beim oben angeführten 2020er Weißburgunder „Pfarrwingert“ rieben wir uns verwundert die Augen, nein, eher die Nasen. Welch‘ ein Duft nach frischen Wiesenkräutern und feinstem Holz, gepaart mit knackigen, grünen Sommeräpfeln und Williams-Birnen! Zarter Schmelz, pikante Säure, gradlinig und perfekt ausbalanciert. Abgesehen von Carsten Saalwächters Weißburgunder aus Rheinhessen habe ich sehr lange keinen vergleichbar guten Ausbau dieser oft eher blassen, unscheinbaren Rebsorte gefunden. Bravo!
Die 2020er Christmann Rieslinge
Die 2020er Rieslinge des Hauses begannen auf hohem Niveau und steigerten sich sukzessive. Eigentlich darf man gar nicht erzählen, welchen „Genussgegenwert“ der GUTSWEIN und die beiden VDP.ORTSWEIN Abfüllungen aus Gimmeldingen und Königsbach bieten. In den VDP.ERSTE LAGE Weinen Gimmeldinger Kapellenberg und Ruppertsberger Reiterpfad zeigen sich bereits deutlich die Unterschiede von Böden und Mikroklima. Der 2020er Reiterpfad aus dem wärmsten Weinberg im Portfolio wirkte deutlich fruchtbetonter, weicher und reifer als der Kapellenberg, der sich vegetal, schlanker und mit Biss zeigte.
Mit den VDP.GROSSE LAGE Weinen öffnete sich das Geschmackstor zu einer neuen Dimension. Hier zeigte sich Riesling für Riesling der Einfluss der konsequent biodynamischen Bewirtschaftung:
• Die 2020er Meerspinne wob ein straff gespanntes Netz aus salzig-kristalliner Mineralität, Körper und facettenreicher Frucht.
• Der Vogelsang tirilierte reintönig, stimmig gefüllt von feinster Würze, rund und harmonisch, lang nachklingend.
• Der Ölberg-Hart ist ein besonderes GROSSES GEWÄCHS, stammen seine Trauben doch aus dem Filetstück des Ölbergs, jahrelang die Quelle hochwertiger Versteigerungsweine der Familie Christmann. Der 2020er hat eine zupackende, betörende Frucht, sehr fein, elegant mit würzigem Abgang.
• Die Krönung des Jahrgangs gebührt abermals dem Idig, der, obwohl noch ganz am Anfang einer glanzvollen Karriere stehend, mit dichter, feinster Textur und enormer Kraft den Gaumen in Beschlag nimmt. Vegetal, salzig, saftig. Da lauert ein Aromenschatz, der in den kommenden Jahrzehnten freigelegt werden will.
Die 2019er Spätburgunder Rotweine
Seit nunmehr drei Jahrgängen ist Sophie Christmann hauptverantwortlich für die Spätburgunder. Unser Freund Philipp Wittmann, dessen Rheinhessen Riesling Weine längst eine Zierde unseres Sortiments sind, hatte uns Sophies 2019er Rotweine begeistert ans Herz gelegt. Nach so viel Vorschusslorbeeren aus qualifiziertem Mund waren wir sehr motiviert, den 2019er Spätburgundern bis auf den gläsernen Grund zu gehen…
• Beim Einstiegs-Rotwein 2019er „Von den Lagen“ Spätburgunder fiel mir tatsächlich der Ausstieg schwer. Dem Burgunderkelch entströmte ein warmer Duft reifer Himbeeren und Walderdbeeren. Am Gaumen eine trinkanimierende Mischung aus saftiger Frucht mit anregender, frischer Säure. Superb!
• Der 2019er VDP.Ortswein Gimmeldingen ist gleich ein anderes Kaliber. Hier locken Schwarzkirschen die Nase tief ins Glas. Am Gaumen zeigte sich die Süße, die der „Von den Lagen“ zum Strahlen nicht benötigte. Prima gelungen.
• Der VDP.ERSTE LAGE Königsbacher Ölberg besitzt eine rauchige Würze und komplexe Frucht, wohingegen der zweite Rote aus erster Lage, der Gimmeldinger Biengarten, Kirschkern, Lakritz und Mandelaromen versprüht. Kalkige Mineralität unterstützt die noble Kühle dieses Pfälzer Spätburgunders.
• Schlusspunkt einer grandiosen Spätburgunder-Serie ist wiederum der Idig, auch als Rotwein ein GROSSES GEWÄCHS. Die Lage Idig wurde bereits im 14. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Sie thront auf einem massiven Kalkfelsen, welcher den einzigartigen Geschmack der Weine aus dem Idig prägt.
Offen gestanden hätte ich vermutetet, dass Pfälzer Spätburgunder durch die Bank schwerer und körperreicher sind als beispielsweise die Rotweine aus den weiter nördlich gelegenen Anbaugebieten. Sophie Christmann jedoch schafft es, die kühle Eleganz großer Burgunder auf die Flasche zu bringen. Hier schließe ich ausdrücklich die französischen Spitzenweine der Côte d’Or mit ein. Die 2019er sind mehr als nur ein Ausrufezeichen. Sie meißeln ein Statement:
Wo immer der Gipfel sein mag, wir sind dabei.
Fazit: Wenn jemand eine Reise tut, so kann er was erzählen. Drum hol ich jetzt ein Glas hervor und werde Christmann wählen.
Nachsatz: Zum Schluss haben wir noch vielversprechende Sekte probiert, aber das ist ein anderes Kapitel, welches wir hoffentlich demnächst aufschlagen dürfen.
Eine Auswahl 2020er Weißweine finden Sie ab sofort im Webshop, die herausragenden 2019er Spätburgunder werden ca. im Frühjahr 2022 lieferbar sein.